BKA Lagebild Häusliche Gewalt: Mehr Männer haben den Mut zur Polizei zu gehen.

PRESSEMITTEILUNG 

Jena, 12.07.2023

Die Zahl der Männer, die häuslicher Gewalt ausgesetzt waren, hat sich 2022 signifikant erhöht. Das geht aus dem gerade veröffentlichten Lagebild des Bundeskriminalamts hervor. Die Ergebnisse werfen ein Schlaglicht auf ein bisher oft übersehenes Problem und unterstreichen die Wichtigkeit einer umfassenden Betrachtung des Themas häusliche Gewalt. Die Fachberatungsstelle für männliche Betroffene von häuslicher Gewalt und Stalking in Thüringen (PROJEKT A4) ruft dazu auf, die öffentliche Wahrnehmung für das Thema zu fördern und Hilfsangebote für männliche Betroffene auszubauen. 

240.547 Menschen haben 2022 Anzeige gegen Täter*innen erstattet. Von diesen Betroffenen sind 71,1% weiblich (171.076) und 28,9% männlich (69.471). Im Vorjahr (Berichtsjahr 2021) waren 80,3 % weiblich (115.342) und 19,7 % männlich (28.262).  

Häusliche Gewalt ist eine erschütternde Realität, die Menschen jeglichen Geschlechts betrifft. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Betroffenen zu unterstützen und sie dazu zu ermutigen, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Jeder Einzelne, unabhängig von Geschlecht, sollte das Recht auf ein gewaltfreies Zuhause haben.

Die Ergebnisse des Lagebildes zeigen auch, dass es eine dringende Notwendigkeit gibt, die Unterstützung  für männliche Opfer häuslicher Gewalt auszubauen. Die Bereitstellung von geschlechtsspezifischen Hilfsangeboten und spezialisierten Beratungsstellen, die auf die Bedürfnisse männlicher Betroffener zugeschnitten sind, ist ein wichtiger Schritt. In Thüringen hat die Rot-Rot-Grüne Landesregierung jüngst einen Gesetzentwurf vorgelegt, der auch die Einrichtung einer Männerschutzwohnung in Thüringen ermöglichen soll. „Ein Signal in die richtige Richtung“ sagt dazu Constance Kühn von der Fachberatungsstelle für männliche Betroffene von häuslicher Gewalt und Stalking in Thüringen (PROJEKT A4). Gleichzeitig ist fraglich, ob eine einzige Schutzwohnung für ein ganzes Bundesland ausreichend ist, um wirklich wirksamen Schutz zu bieten. „Aus praktischer Sicht ist es kaum zumutbar für einen gewaltbetroffenen Mann durch das halbe Bundesland zu fahren, gegebenenfalls mit einem Kind, um in der einzigen Schutzunterkunft unterzukommen.“ 

Positiv hervorzuheben ist, dass die Neufassung des Thüringer Chancengleichheitsfördergesetzes auch die Neustrukturierung der Finanzierung des Hilfesystems vorsieht. Das bedeutet u.A., dass auch die Frauenhäuser vom Land finanziert werden und nicht wie aktuell aus einer Mischfinanzierung von Kommunen und Land.

Das Projekt A 4 wünscht sich, dass mehr Männern von Unterstützungsangeboten erfahren. Neben einem
kontinuierlichen Beratungsangebot braucht es eine stärkere gesellschaftliche Wahrnehmung und Anerkennung
des Problems. Nur so können Männer erkennen, dass sie nicht allein sind mit ihrem Problem und somit
Hemmschwellen sinken, Beratung in Anspruch zu nehmen. 

Das PROJEKT A4 – Männerberatung in Thüringen 

Das Thüringenweite Projekt ist die Fachberatungsstelle für Männer, die von häuslicher Gewalt und Stalking betroffen sind.
Neben der Beratungsarbeit für Betroffene machen die Mitarbeitenden auf das Thema aufmerksam und leisten
Aufklärungsarbeit im Freistaat.
Weitere Informationen finden Sie unter www.projekt-a4.de

Bundeslagebild Häusliche Gewalt des Bundeskriminalamts/Berichtsjahr 2022

 

Pressekontakt: 

Constance Kühn 

Tel.: 0151-288 156 18 

E-Mail: c.kuehn@projekt-a4.de