Häufig gestellte Fragen:

Gewalt in engen sozialen Beziehungen umfasst alle Formen der körperlichen, sexualisierten, psychischen, ökonomischen und emotionalen Gewalt. Oft wird auch der Begriff „häusliche Gewalt“ verwendet. Der Begriff umschließt sowohl die partnerschaftliche Gewalt, als auch Gewalt im sozialen Umfeld einer Person (Gewalt von erwachsenen Kinder gegenüber ihren Eltern und umgekehrt, Gewalt zwischen erwachsenen Geschwistern, Gewalt gegen im Haushalt lebende ältere Menschen).

Formen von Gewalt in engen sozialen Beziehungen:

Körperliche Gewalt: Stoßen, Treten, schlagen, mit Gegenständen bewerfen

Sexualisierte Gewalt: Erzwungene sexuelle Handlungen, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigung

Psychische Gewalt: abwertende Kommentare, anschreien, Kontaktverbote, ständige Kontrolle, Demütigungen vor anderen

Ökonomische Gewalt: Geld verweigern, kein Zugang zum Konto, Familieneinkommen ausgeben

Gewalt in engen sozialen Beziehungen ist unabhängig von Geschlecht, Alter oder sozialer Schicht. Dass auch Männer in Paarbeziehungen oder der Lebensgemeinschaft Gewalt erleiden können, wird öffentlich kaum diskutiert. Oft kollidiert diese Vorstellung mit gängigen Rollenklischees. Verlässliche Daten, wie viele Männer in Deutschland betroffen sind, existieren nicht. Bekannt sind nur die Zahlen aus dem Hellfeld, die durch die Polizei bei Einsätzen registriert werden.

Wissenschaftliche Studien aus anderen Ländern legen lediglich nahe, dass Männer, ebenso wie Frauen, mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt durch Bezugspersonen erleben. (siehe auch nächste Frage: Wie verbreitet ist Gewalt gegen Männer in engen sozialen Beziehungen?)

Rund 20% oder fast 25.000 Männer waren Opfer versuchter und vollendeter Partnerschaftsgewalt im Jahr 2018. (BKA: Partnerschaftsgewalt, kriminalstatistische Auswertung Berichtsjahr 2018). Auch wenn Frauen am stärksten betroffen sind so sind Männer doch eine relevante Gruppe. Im Freistaat Thüringen zählte die Polizei bei Einsätzen Häuslicher Gewalt über 600 männliche Opfer (Kriminalstatistische Auswertung Polizei Thüringen 2018) Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.

Oft unternehmen Menschen, die körperliche Gewalt in ihrer Partnerschaft erleben, mehrere Trennungsversuche. Hinsichtlich psychischer/verbaler Misshandlung liegen keine Statistiken vor, es ist davon auszugehen, dass der Ausstieg sich noch zäher gestaltet. Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass psychische Gewalt, insbesondere von den Betroffenen aufgrund der Mechanismen und Strategien lange nicht klar als Gewalt erkannt und benannt wird, sondern vielmehr dem Betroffenen suggeriert wird, es sei seine Schuld, dass die Beziehung nicht harmonischer verläuft.

Nachstehend einige Vorschläge, was Sie beachten sollten und tun können, wenn ein Freund/Bekannter/Verwandter in ihrem Umfeld in einer gewaltgeprägten Beziehung lebt.

  • Zuhören
  • Keine schnellen Resultate erwarten
  • Informationen über Hilfsangebote einholen und zur Verfügung stellen
  • Auf eigen Grenzen und eigene Sicherheit achten
  • Auf Enttäuschung und Rückschritte vorbereitet sein

In akuten Fällen ist die Polizei einzuschalten oder die Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt in Thüringen.

Jeder Mensch, dem Gewalt widerfährt hat das Recht, sich dagegen zu wehren. Jedoch ist es keine gute Idee, Gewalt mit Gegengewalt zu begegnen. In der Beratung erleben wir immer wieder auch Männer, denen Gewalt zugefügt wurde, die aber unter keinen Umständen ihre Partnerin/ihren Partner schlagen würden. Viele Männer lehnen Gewalt ab oder sie wollen der Person, die sie eigentlich lieben, keinen Schaden zufügen.

Grundsätzlich ist es auch ratsam, um eine weitere Eskalation zu verhindern, die Wohnung/Situation zu verlassen. Sehen Sie eine Möglichkeit außer Haus zu übernachten, kann es auch in Hinblick auf die Deeskalation sinnvoll sein.,

Partnerschaftliche Gewalt ist ein vielschichtiges Phänomen. Gefühle wie Angst, Ohnmacht, Sorge um gemeinsame Kinder können eine Rolle spielen, weshalb Menschen sich nicht aus einer gewaltvollen Beziehung lösen.

Gemeinsame Lebensentwürfe und die Hoffnung, der oder die PartnerIn könne sich ändern, lassen Menschen lange an ihrer Beziehung festhalten.

Einige Männer können sich nicht aus einer Beziehung lösen, weil der/die Partnerin sehr starke Kontrolle ausübt, Druck aufbaut oder Drohungen ausspricht. Das kann z.B. die Drohung sein, die Kinder zu entziehen, wenn er sich trennt oder auch dessen Leben zu zerstören.

Es gibt Fälle, in denen dem Betroffenen schrittweise Freiheiten entzogen werden – der/die PartnerIn verlangt, dass der Partner Kontakt zu Freunden und Familie abbricht. Auch der Entzug des Zugriffs auf das Bankkonto kann vorkommen.

Es gibt also sehr unterschiedliche Faktoren, die Einfluss darauf haben, weshalb jemand in einer gewaltvollen Beziehung bleibt und es so schwerfällt, sich daraus zu lösen.

Männer, die in der Partnerschaft oder im Lebensgemeinschaft Gewalt erleben, machen nicht selten die Erfahrung, dass sie kaum Hilfsangebote finden. Diese Lücke in der Hilfelandschaft führt unter Umständen dazu, dass Betroffene sich allein gelassen fühlen und glauben, sie seien die Einzigen, denen so etwas widerfährt. Ein niedrigschwelliges Angebot wie das Projekt A4 kann vermitteln, dass es Hilfe gibt und somit Hemmungen senken. Außerdem können durch ein spezielles Angebot für Männer, besondere geschlechtsspezifische männliche Bedürfnisse herausgefiltert und berücksichtigt werden.

Das Projekt A4 ist solidarisch mit allen Opfern von Gewalt. Ein Unterstützungsangebot für männliche Betroffene von Gewalt in engen sozialen Beziehungen ist eine notwendige und zeitgemäße Ergänzung zu entsprechenden Angeboten für Frauen – wie Frauenberatungsstellen, Frauenzentren und Frauenhäuser – nicht aber in Konkurrenz zu diesen zu betrachten.

Männer können sich neben dem Projekt A4 auch an die Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt in Thüringen wenden, an das Männerhilfetelefon „Gewalt an Männern“ (Tel 0800-1239900) oder auch Familien- und Erziehungsberatungsstellen. In akuten Fällen empfehlen wir die Polizei zu verständigen.

In Ergänzung zu den oben genannten Einrichtungen beraten wir ausschließlich Männer und sind spezialisiert auf die Themen, die Männer bewegen und mitbringen.

In Akutsituationen empfehlen wir, die Polizei einzuschalten und die Situation zu verlassen, um eine Eskalation zu verhindern.

In Thüringen gibt es derzeit keine Schutzwohnung für Männer, die von Gewalt in engen sozialen Beziehungen betroffen sind. Im Freistaat Sachsen gibt es derzeit 3 Schutzwohnungen, zu denen wir nach Rücksprache vermitteln können.

Wenn Sie sich nicht sicher fühlen, kontaktieren Sie uns. Wir schauen gemeinsam, welche Möglichkeiten es gibt und welche Schritte Sie gehen können.

Wenn Sie es wünschen, vereinbaren wir ein Erstgespräch, in dem wir Ihr Anliegen besprechen und Sie die Gelegenheit haben, uns kennenzulernen. Im Anschluss können Sie entscheiden, ob Sie einen weiteren Termin verabreden möchten.

Unsere Angebote sind freiwillig und flexibel, von der einmaligen Beratung bis hin zur kontinuierlichen Begleitung über einen längeren Zeitraum. Lösungen werden mit Ihnen erarbeitet, niemals ohne Sie.

Wir sind ein kleines Team von 3 MitarbeiterInnen. Daher kann es bis zum ersten Termin etwas dauern.  Jedoch sind wir bemüht, Ihnen zeitnah (meist innerhalb von zwei Wochen) einen Termin für ein Erstgespräch anzubieten.

Nein. Die Beratung ist kostenfrei.

Wir richten uns nach Ihren Bedürfnissen. Auf Wunsch beraten wir gern mittel- und langfristig. Manchmal kann es Sinn machen, einen Abstand zwischen den Gesprächen herzustellen. Das Leben findet außerhalb der Beratung statt. Kürzere Abstände können in Krisenzeiten hilfreich sein. Sollten Sie für sich eine Beratung bei uns in Anspruch nehmen wollen klären Sie gemeinsam mit dem Berater wie viel Sitzungen für Ihr Anliegen Sinn machen könnten.

Hausbesuche machen wir nur in Ausnahmefällen z.B. wenn Sie eine körperlich Beeinträchtigung haben und aus diesem Grund nicht zu uns in die Beratungsstelle kommen können.

Wir können aber einen Termin in Ihrer Nähe an einem neutralen Ort vereinbaren z.B. in einer Beratungsstelle in Ihrer Nähe oder einer anderen Einrichtung.

In einem Erstgespräch können wir gemeinsam klären, in welcher Form eine Beratung bei uns für Sie sinnvoll sein kann. Unter Umständen kann eine Paarberatung Sinn ergeben.

Nein, eine Anwältin empfehlen können wir Ihnen nicht, aber wir können Ihnen Fachanwälte in Ihrer Nähe nennen.

Das PROJEKT A4 wird auf u.A. auf Grundlage des Thüringer Gesetz zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern und zur Förderung von Frauenhäusern gefördert. Ziel des Gesetzes ist es, ein tragfähiges Netz der Information, Beratung und Hilfe zu fördern, das zur Umsetzung des Verfassungsgebotes der Gleichstellung von Frauen und Männern und zu mehr Chancengerechtigkeit beiträgt. Das PROJEKT A4 darf also in diesem Zusammenhang auch als Gleichstellungsmaßnahme begriffen werden: 

Nach diesem Gesetz können Maßnahmen gefördert werden, […] 2. die der Prävention häuslicher Gewalt dienen und dazu beitragen, dass Opfer von häuslicher Gewalt rasche und kompetente Hilfe und Unterstützung erfahren […] 3. bei Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts über die Rechte und konkreten Handlungsmöglichkeiten beraten

https://landesrecht.thueringen.de/bsth/document/jlr-ChancGlF%C3%B6GTHpP2