Die Arbeit mit Männern, die in ihrer Partnerschaft oder in engen sozialen Beziehungen Gewalt und Stalking erleben ist seit Eröffnung des Projekt A4 ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Unser Ziel ist es, Gewalterleben zu mindern und somit einen Beitrag zum Schutz von gewaltbetroffenen Menschen zu leisten. Neben der Beratung männlicher Betroffener haben wir die Aufgabe, Sensibilisierungs- und Aufklärungsarbeit zum Thema „Männer als Betroffene häuslicher Gewalt“ zu leisten.
Wir arbeiten eng zusammen mit den Thüringer Netzwerken gegen häusliche Gewalt.
Mit der Erweiterung des Projekt A4 auf ganz Thüringen wurde eine Lücke im Hilfesystem geschlossen. Männliche Betroffene von Partnerschaftsgewalt und Stalking werden seither in Thüringen durch uns fachspezifisch und prozesshaft beraten.
Wir verstehen es als unseren Auftrag, mit unserer Arbeit zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft hin zu Vielfalt und einer Gleichstellung der Geschlechter beizutragen. Die Nachhaltigkeit eines Sensibilisierungsprojektes kann im Resultat einen direkten Einfluss auf die thüringische Gesellschaft nehmen. Damit verfolgt das Projekt auch den Anspruch, einen positiven Teil zum gesellschaftlichen Wandel beizutragen.
Beratung männlicher Betroffener häuslicher Gewalt in Thüringen
Männern wird über die Dauer des Projekt A4 mit einem Beratungsangebot professionelle, geschlechtsspezifische Unterstützung zum Schutz oder zur Minderung häuslichen Gewalterlebens angeboten. Die Beratung erfolgt ausschließlich für männliche Betroffene überwiegend als Einzelfallarbeit in Kommstruktur, vorrangig im face-to-face Kontakt, bei Bedarf auch aufsuchend, telefonisch und per Mail. Besondere geschlechtsspezifische männliche Bedürfnisse werden herausgefiltert und berücksichtigt. Seit 2018 bietet das Projekt A4 thüringenweite Beratung an, um lange Anfahrtswege für Betroffene zu vermeiden.
Angeboten werden insbesondere: Geschlechtersensible und wirksame Informationen, Krisenintervention und Clearing, individuelle Sicherheitsplanung, Unterstützung bei der Verarbeitung der Gewalterfahrung, Psychosoziale Beratung, Weitervermittlung, Information und Austausch mit potenziellen Vermittlungs- und Kooperationspartner.
Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit
Gewalt gegen Männer in engen sozialen Beziehungen ist ein bisher gesellschaftlich kaum wahrgenommenes Thema. Betroffenen Männern fällt es oftmals schwer, darüber zu sprechen. Dazu tragen insbesondere unrealistische Männlichkeitsbilder bei. Die Angst, das Sorgerecht für die Kinder zu verlieren oder selbst als Täter dazustehen können Ursachen sein, dass Männer lange brauchen, ehe sie Unterstützung suchen.
Bisher gibt es kaum gesicherte Erkenntnisse zu Umfang und Ausmaß insbesondere für von häuslicher Gewalt betroffene Männer. Einzig die Statistik der Thüringer Polizei (Sonderstatistik häusliche Gewalt der Thüringer Polizei 2017; 556 männliche Opfer häuslicher Gewalt in Thüringen) lässt vermuten, dass die Dunkelziffer betroffener Männer weitaus höher liegt.
Welche Unterstützung brauchen diese Männer? Wie können sie erreicht werden? Wie müssen die Angebote inhaltlich gestaltet werden? Welche Zugänge brauchen Männer in Bezug auf das Thema?
Diese Fragen zu beantworten ist ein Kernziel der Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit des Projekt A4.
Für das Gelingen ist eine Veränderung des öffentlichen Bewusstseins für das Ausmaß und Folgen der Gewalt gegen Männer – d.h. eine breite Öffentlichkeitsarbeit – notwendig. Nur durch ein wiederholtes Platzieren des Themas in den thüringischen Medien kann eine Enttabuisierung des Themas Gewalt gegen Männer in engen sozialen Beziehungen gelingen. Durch einen öffentlichen Diskurs besteht die Chance, dass Männer sich in ihrer Opfererfahrung nicht allein fühlen und somit Hemmungen reduziert werden können. Die immanente Nachhaltigkeit eines Sensibilisierungsprojektes kann im Resultat einen direkten Einfluss auf die thüringische Gesellschaft nehmen. Damit verfolgt das Projekt auch den Anspruch, einen positiven Teil zum gesellschaftlichen Wandel beizutragen.
Netzwerkarbeit
In Thüringen bestehen in zahlreichen Städten und Landkreisen sogenannte Netzwerke gegen häusliche Gewalt. Viele Stellen, Institutionen und Expertinnen und Experten arbeiten hier mit großem Einsatz und fundiertem Sachverstand an der Verbesserung der Situation und zum Schutz der Betroffenen in Thüringen.
Die Netzwerke gegen häusliche Gewalt sind wichtige Multiplikatoren in der Arbeit des Projekts. Eine reibungslose Weitervermittlung betroffener Männer an das Projekt A4 kann nur durch eine enge Zusammenarbeit mit den Netzwerken funktionieren.
Als wichtige Schnittstellen unserer Arbeit gelten hier die Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt, doch auch die Frauenhäuser, die LAG Jungen- und Männerarbeit Thüringen e.V., die landesweite Koordinierungsstelle Häusliche Gewalt in Thüringen, sowie Vereine der geschlechtersensiblen Arbeit und ähnliche Akteure.
Der Ausbau neuer männerspezifischer Netzwerke ist ein angestrebtes Ziel zur Weiterentwicklung der geschlechterreflektierenden Arbeit in Thüringen.
Analyse zu Schutzunterkünften in Thüringen
Immer wieder werden wir von hilfesuchenden Männern, Angehörigen oder Fachkräften gefragt, wo man als gewaltbetroffener Mann kurzfristig unterkommen kann. Derzeit gibt es in Thüringen noch keine sogenannte Männerschutzwohnung, die den – aus unserer Sicht – erforderlichen Standards entspricht.
Um in Thüringen den vorhandenen Bedarf an geschützter Unterbringung für gewaltbetroffene Männer gerecht zu werden, findet 2021 die Befassung mit der Suche nach entsprechend fachlich tragbaren Lösungen durch das PROJEKT A4 statt.
Das PROJEKT A4 wird für Thüringen Möglichkeiten zur geschützten Unterbringung für von häuslicher Gewalt und Stalking betroffene Männer und deren Kinder ermitteln, gegenüberstellen und Etablierungsmöglichkeiten erarbeiten. Im Ergebnis schlagen wir dem TMASGFF vor, wie die Etablierung von Schutzunterkünften für gewaltbetroffene Männer in Thüringen gelingen kann.
Durch die Recherche erhoffen wir uns außerdem auch einen Mehrwert im Hinblick auf innovative Unterbringungsformen für gewaltbetroffene Menschen und somit auch die Eröffnung von Perspektiven für den gesamten Gewaltschutz in Thüringen.